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o projektu

"Stopy na krajině" sleduje cestu 13 tématickými stanicemi v severozápadním Weinviertelu v bezprostřední blízkosti česko-rakouské hranice z perspektivy vědy o každodenní kultuře, etnografie a zároveň umělecko-fotografického pohledu. Nabízí náhledy na různé aspekty každodenního života a připomíná změny venkovského prostoru. Jako způsob zobrazení používá odraz, kdy historické dojmy k danému tématu jsou proti sobě postaveny s uměleckou fotografickou snímkou současných vztahů, založenou na soukromých fotografiích nebo jiných zdrojích."

Koncept každodenní kultury

Výchozím bodem audioprocházky je historický a současný výzkum života na venkově, zejména na rakousko-českém pomezí, jak již bylo realizováno v rámci výstavy, sbírky a výstavního projektu „SchauWindow“ (schaufenster.site) . Kromě rozboru sekundární literatury a historických pramenů se

Za tímto účelem etnoložka Brigitta Schmidt-Lauber v rozhovorech sbírala autobiografické vzpomínky obyvatel, vedla fotorozhovory a získávala poznatky o současných životních podmínkách prostřednictvím etnografické účasti v každodenním životě. Na textování audioprocházky a textech pro domovskou stránku se také podílely studentky Johanna Resel, Maren Sacherer a Lisa Horak a také autor na volné noze Erich Pello z Oberretzbachu.

Ein Mädchen hilft beim Wäschewaschen, 1957.

Ernest Wohlschak bei der Weinlese, 1956.

Die moderne Idee einer (vor Erwerbsarbeit) geschützten Kindheit entstand als Folge der seit dem Frühkapitalismus üblichen Ausbeutung von Kindern. In Wien etwa wurden für die zahlreichen neuen Manufakturen billige Arbeitskräfte gesucht und auch Kinder aus Waisenhäusern und Erziehungsanstalten zur Arbeit verpflichtet. Mit Beginn der Industrialisierung ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden sich in den Industriebetrieben Wiens vermehrt Maschinen, an denen niedrig bezahlte Kinder und Frauen arbeiteten. Sowohl die bürgerliche Aufklärungs- als auch die Arbeiterbewegung heizten den Protest gegen Kinderarbeit an, zweitere um die Konkurrenz durch die günstigen Arbeiter:innen auszuschalten. Ausschlaggebend für das erste Kinderarbeitsverbot 1842 in Wien war den Recherchen der Juristin Sabrina Niess zufolge allerdings ein anderer Grund: Die harten Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken Wiens und das junge Einstiegsalter (meist siebenjährig) führten dazu, dass immer mehr städtische Kinder später wehrunfähig wurden. Die Rekrutierungskommissionen verlangten Gegenmaßnahmen. Als Reaktion entstand am 11. Juni 1842 das Hofkanzleidekret, in welchem die Beschäftigung von Kindern unter neun Jahren verboten sowie die maximalen Arbeitszeiten für Kinder auf zehn bzw. zwölf Stunden (zwölf bis 16 Jahre) festgelegt wurden. Ab 1948 wurden Kinder unter 14 Jahren durch das österreichische Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz geschützt. Eine Ausnahme bildeten landwirtschaftliche Betriebe, in denen Kinder schon mit zehn Jahren beschäftigt werden durften.

Dass landwirtschaftliche Mitarbeit für Kinder am Land eine Selbstverständlichkeit war und auch Freude bereiten konnte, berichten Zeitzeugen: „[Bei der Weinlese] waren wir als Kinder natürlich schon froh, wenn wir da dabei waren, weil da war es immer auch ein bisschen lustig dabei“, erinnert sich Erich Nebenführ. Heute ist Kinderarbeit in Österreich bis zum 15. Lebensjahr verboten. Nach wie vor gilt die Mithilfe in Familienbetrieben davon aber als ausgenommen, Voraussetzung ist inzwischen allerdings die Vollendung des 12. Lebensjahrs, zusätzlich gibt es zahlreiche Beschränkungen (beispielsweise die Art der Tätigkeiten oder die Arbeitsdauer betreffend) innerhalb der erlaubten Beschäftigungen.

Kindheit als geschützte Lebenszeit ist also zum Teil auch Ergebnis der modernen Lohnarbeit. Dazu kam schon ab 1774 die Schulpflicht, die den Alltag der Kinder in Schulzeit und schulfreie Zeit einteilte. Die auf Wunsch Maria Theresias erlassene „Allgemeine Schulordnung“ verpflichtete Kinder vom sechsten bis zum zwölften Lebensjahr zur Schule zu gehen. Aufgrund des sich zwischen Stadt und Land unterscheidenden Alltags der Kinder sah die Niederösterreichische Schulkommission (welche als Aufsichtsorgan der Schulordnung eingesetzt war) vor, dass Kinder „am Land“ von neun bis dreizehn Jahren die „Winterschule“ (1. Dezember bis 31. März) besuchen sollten. An der „Sommerschule“ (Ostern bis 29. September) mussten sie nicht teilnehmen. So konnten sie in den Sommermonaten in der Landwirtschaft mitarbeiten. Zur Erntezeit pausierte die „Sommerschule“ insgesamt drei Wochen. Die jüngeren Kinder zwischen sechs und acht Jahren, die am Land aufwuchsen, wurden laut Schulordnung dazu angehalten, ausschließlich die „Sommerschule“ zu besuchen, da der oft lange, kalte Schulweg im Winter für sie gefährlich war. In weiteren Verordnungen zwischen 1781 und 1786 ließ Kaiser Joseph II. Strafen auf Nichteinhaltung der Schulordnung festlegen. Trotzdem dauerte es bis Anfang des 20. Jahrhunderts, bis sich die Schulpflicht weitestgehend durchsetzte.

Die Gräben neben der Straße dienten als Entwässerungssysteme und Kinderspielplatz, 1968.

Viele Aufnahmen wie diese hier von 1955 zeigen Kinder mit Tieren.

Im Zweiten Weltkrieg spielte schulische Bildung als ideologische Institution eine zentrale Rolle. Neu geschulte Lehrer:innen vermittelten den Kindern nationalsozialistische Inhalte. Ein Schwerpunkt der Schulbildung lag auf der sogenannten „Leibeserziehung“, die nationalsozialistische Rassen- und Erblehre vermittelten die Unterrichtenden im Biologie-, Geschichte- und Erdkundeunterricht.

Ernest Wohlschak, der während des Zweiten Weltkriegs um 1940 geboren wurde und in Retzbach aufwuchs, erinnert sich noch gut an seinen Lehrer. Dieser besaß eine „Rolleicord-Kamera“ und brachte Ernest bei, sie zu bedienen sowie die Fotos selbst zu entwickeln. Fotografien von Ernest Wohlschak zeigen Kinder in Retzbach vor allem in der Freizeit in Gruppen auf der Straße, bei Arbeiten in Haushalt und am Hof, gemeinsam mit Tieren der Landwirtschaft, bei der Lese oder spielend im Wald. Als Klassenkamerad und Nachbarssohn gelangen ihm ungewöhnlich dichte und vielfältige Einblicke in Alltagssituationen, oft wurde er um eine Aufnahme gebeten und konnte das gemeinsame Aufwachen am Land fotografisch dokumentieren.

Karola Landsteiner, die in den 1940er-Jahren in Retzbach aufwuchs, erinnert sich daran, mit anderen Kindern in den Gräben neben der Straße gespielt zu haben; besonders dann, wenn es regnete und sich dort das Wasser sammelte, hatten sie Spaß. Erinnerungen an eine von den Eltern unbeobachtete Kindheit in der Natur, gerahmt von geregelten Zeiten – nach dem Mittagessen waren die Hausaufgaben zu erledigen und dann bis zum Abendessen freie Zeit – und Aufträgen, prägen die Erzählungen der Retzbacher:innen.

Durch gesellschaftliche Veränderungen wie den Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft, steigenden Wohlstand, Veränderungen der Familienstrukturen und Geschlechterverhältnisse veränderten sich in den Industriestaaten Ende der 1960er-Jahre die Lebensverhältnisse und mit ihnen auch das Verständnis von und die Bedingungen der Kindheit grundlegend. Kinder wurden einerseits bewusst zur Selbstständigkeit erzogen, andererseits wurde der Alltag vieler Kinder zunehmend von Förderprogrammen, Bildung und Freizeitterminen bestimmt, so die Europäische Ethnologin Laura Wehr.

Die Landflucht der Bevölkerung in Richtung „Gravitationszentrum Wien“, die mit gesellschaftlichen Veränderungen auch in dieser Region Mitte des 20. Jahrhunderts einsetzte, so die Historiker Ernst Langthaler und Erich Landsteiner, führte zu sinkenden Kinderzahlen im Ort und zu Schulschließungen: 1964 schloss die Schule in Mitterretzbach, 1972 jene in Unterretzbach. Ab da fuhren die Kinder mit dem Postbus in das nahegelegene Retz oder von dort in weiterführende Schulen in Horn oder Hollabrunn. Manfred Nigl und Alois Binder erinnern sich noch an die in den 1970er-Jahren mit Bruno Kreisky eingeführte Schülerfreifahrt und gratis Schulbücher. Manfred Nigl resümiert: „Nach wie vor fahren die Kinder mit den Bussen nach Retz in die Schule“.

Koncept každodenní kultury

Ernest Wohlschak beim Kompottessen, 1957.

Bis Ende des 20. Jahrhunderts stellte die Jugend die Lebensphase dar, in der die meiste Freizeit außerhalb des eigenen Zuhauses verbracht wurde, stellte der verstorbene österreichische Wirtschafts- und Sozialhistoriker Michael Mitterauer 1992 fest. Eine wesentliche Rolle zur Sozialorganisation am Land spielten bündisch organisierte Zusammenschlüsse vor allem der männlichen Dorfjugend. Lebensgeschichtliche Erinnerungserzählungen wie jene Erich Landsteiners, der berichtete, dass er als Mitterretzbacher seine Braut aus Oberretzbach in den 1950er-Jahren mit Wein „auslösen“, also symbolisch freikaufen musste. Ernest Wohlschak, inzwischen über achtzig Jahre alt, erinnert sich beim Anblick eines Fotos an einen Ausflug des Burschenvereins Retzbach nach Melk Mitte der 1950er-Jahre: „Mit der Fahne sind wir ausgefahren“. Unter dem Dachverband „Reichsbund der katholisch-deutschen Jugend Österreich“ entstanden in der Republik Österreich der Zwischenkriegszeit zahlreiche Burschenvereine. Deren Fahnen hatten eine hohe symbolische Bedeutung, wie Stefan Eminger am Beispiel des Burschenvereins Obersdorf im nordöstlichen Niederösterreich belegt. Aufgestickte Zeichen und Abbildungen wie Trauben, Eichenlaub, Arbeitsgeräte und Schriftzüge zeigten die Werte sowie das Programm des Burschenvereins und verdeutlichten zugleich die Zusammengehörigkeit der Mitglieder und die Abgrenzung gegenüber anderen Burschenvereinen.

Der Ausschnitt einer Postkarte aus den 1920er-Jahren zeigt die Waldschenke in Oberretzbach.

Längst nicht nur in institutionalisierter Form kamen Aufwachsende am Land zusammen. Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene aus Retzbach trafen sich zum Baden beim sogenannten „Schandlteich“ mitten im Wald. 1924 legte Bürgermeister Eduard Schandl den Teich an, 1925 wurde die angrenzende Waldschenke dazu gebaut. Der heutige Vizebürgermeister Alois Binder erinnert sich lachend: „[…] das war ja alles ja reines Naturwasser. Da bist mit die Ringelnattern um die Wett geschwommen und mit den Fröschen. Samstag, Sonntag waren wir da draußen […] du hast dich gefreut wennst ein Kracherl [Limonade] kriegt hast, eine Jause hast dir sowieso mitgenommen.“ Beliebt bei den Jugendlichen waren die Kegelbahn, der Gastgarten des Gasthauses im Ort und ab den späten 1970er-Jahren außerdem die Diskothek „Weinviertler Tenne“. „Aber ich war eigentlich nie so ein Diskofreak, mich hat das eigentlich relativ kaltgelassen“, berichtet Erich Nebenführ.​

Jugendliche beim Baden im Schandlteich in Retzbach, 1957.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich die Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen erneut stark verändert. Statistische Daten belegen, dass Jugendliche im Vergleich zu den 1960er-Jahren deutlich länger in Ausbildung sind, viele besuchen weiterführende Schulen. Gleichzeitig machen Jugendliche immer früher den Führerschein und können sich aufgrund des allgemein größeren Wohlstands schon früher ein eigenes Auto leisten, was besonders im ländlichen Raum von Bedeutung ist. Diese Entwicklungen, neben der gezielten Förderung von Jugendarbeit außerhalb schulischer Einrichtungen wie in Musikkapellen und Vereinen (unter anderem durch die Bundes-Jugendförderung seit 2000), führten zu einer größeren Beziehungsvielfalt unter Jugendlichen, die sich zunehmend auch außerhalb des Heimatdorfes abspielt.

Als weiterer Faktor gesellschaftlichen Wandels kommt die Digitalisierung hinzu. Schon 1993 besaßen 18 Prozent der österreichischen Jugendlichen einen eigenen Computer, 1999 waren es bereits 31 Prozent und 2011 hatten sogar 84,5 Prozent aller 10 bis 27-Jährigen einen PC. Im Bericht des Bundesministeriums für Familien und Jugend 2016 finden sich keine Angaben mehr zu den Zahlenverhältnissen, was als Hinweis auf die Selbstverständlichkeit der jugendlichen Mediennutzung in der Gegenwart gedeutet werden kann. Jugendliche des deutschen Sprachraums, so heißt es weiter, verbringen ihre Freizeit hauptsächlich mit Freund:innen, Musik und Medienkonsum, wobei Medien auch zum Austausch mit Freund:innen, Bekannten und Familie dienen und soziale Funktionen erfüllen.

Gertraud Wohlschak, Pensionistin aus Unterretzbach, bestätigt den Wandel der Kindheit und Jugend am Land aus eigener Erfahrung: „Unsere 15-jährigen Zwillinge, die da in der Ortschaft wohnen und leben, die sieht man nie mit irgendwelchen Freunden wo unterwegs. Sie sind daheim, haben ihre Aufgaben, ihre Musik und ihr Tennisspielen […] Damals ist man im Ort in die Schule gegangen, da waren die Kinder noch viel mehr zusammen […]“.

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